Die am 2. April 2016 an die kath. Wochenzeitung "Tag des Herrn" zur Veröffentlichung gesandte Lesermeinung teilte der Verfasser am 24. Juni 2016 in einem Brief dem Erzbischof zur Unterstützung für dessen Überlegungen mit.
Der "Tag der Herrn" erhielt den Leserbrief dreimal per Post. Erst beim dritten Mal soll die Post (nach Erklärungsversuchen der Redaktion) den Brief korrekt zugestellt haben. Veröffentlich wurde der Text dennoch nicht.
Zur Anregung des Austausches zwischen den Gemeindemitgliedern ist dem Verfasser an einer Veröffentlichung seiner Gedanken gelegen, die deshalb nun hier zur Verfügung gestellt werden.
Damit die Gläubigen und die an Kultur und Denkmalpflege Interessierten sich ein Bild über die Argumentation des Erzbischofs machen können, gewährt der Empfänger des Briefes freundlicherweise Einsicht.
Konstantin Henke kommentiert die Antwort des Erzbischofs enttäuscht mit einem Goethe-Zitat:
"Man spricht vergebens viel, um zu versagen;
Der andre hört von allem nur das Nein."
(Iphigenie auf Tauris. 1. Aufzug, 3. Auftritt / Thoas)
"Unsere Gedanken hinsichtlich des geistlichen Gehalts unseres Kirchenhauses kann ich nur voll unterstreichen."
Natürlich sollte die Kathedrale eine Kirche und katholische Bischofskirche bleiben.
"Von daher ist es mir auch ein tiefes Anliegen, dass wir uns nicht nur darüber unterhalten, wie wir architektonisch die St. Hedwigs-Kathedrale neu gestalten, sondern vor allem wie wir sie mit geistlichem Leben füllen."
Erkennt der Erzbischof nicht den geistigen Gehalt der Kathedrale? Darüber sollte er sich dringend mit denen unterhalten, die sich auskennen. Von "neu gestalten" reden nicht diejenigen, denen an der Fortführung des geistlichen Lebens in der Kathedrale liegt.
"Die Herausforderung ist dabei, das sie unterschiedlichsten Gruppen ein helfender Raum sein soll, denen, die dort Liturgie feiern, denen, die zur Domgemeinde gehören, denen, die als Touristen oder Passanten in sie hineinkommen, denen, die einen Ort der Muße suchen, denen, die sie zu besonderen gesellschaftlichen Gottesdiensten aufsuchen, und sie ist natürlich die Mittelpunkts Kirche des Erzbistums."
Eine Kirche sollte zuerst eine Kirche sein.
"Touristen", "Passanten" und die Vertreter der "unterschiedlichsten Gruppen" werden Gesprächspartner nicht ernstnehmen, die Ihren Standpunkt nicht klar vertreten. Wer vertraut Christen, die ihre religiösen Anschauungen verschleiern, um möglichst viele in ein schickes Event-Center zu locken?
Offenheit bei ehrlichem Bekenntnis etwaiger Unterschiede schätzen aufgeschlossene Menschen. Für Gottesdienste, Orgelmusik, Chorkonzerte und vieles andere böte die bestehende Gestaltung der Kathedrale nach fachgerechter Sanierung einen noch anziehenderen Rahmen.
"Sie wissen, dass die Christen in anderen Bistümern für solch eine Kirche keine Kosten und Ausgaben gescheut haben, dies war ein Ausdruck Ihres Glaubens."
Christen vieler Bistümer halfen Berlin nach dem Kriegsverlust, bei der Wiedererrichtung und Gestaltung der St. Hedwigs-Kathedrale. Bischöfe und Päpste erkannten dies als Ausdruck des Glaubens der Beteiligten.
"Ob das auch für uns heute und für unser Bistum gilt?"
Deshalb gilt es für uns heute und für unser Bistum, die Werte zu erhalten. Für Werterhalt werden Christen Kosten und Ausgaben nicht scheuen. Doch für Abriss von Bestehendem für rein formale Änderungsabsichten gilt es nicht.
"Inzwischen sind die Beratungen in allen verantwortlichen Kreisen und Gremien gelaufen, eine abschließende Runde findet demnächst statt."
Das sind interne Abstimmungen zur Absicht des Bauherren, einen Bauantrag zu stellen.
"Dabei sind viele kreative Ideen zur Weiterentwicklung des Siegerentwurfs des Architektenwettbewerbs vorgeschlagen worden."
Es war kein "Architektenwettbewerb", sondern einen "Realisierungswettbewerb" schrieb Kardinal Woelki aus. Wesentliche Änderungen am Siegerentwurf würden entspr. gültiger Richtlinie den Wettbewerb ungültig machen.
"Es wird noch einen sehr interessanten Weg bis zum Abschluss der Arbeiten in der St. Hedwigs-Kathedrale geben."
Diverse Unklarheiten können einige rechtliche Auseinandersetzungen nach sich ziehen. Es würde schon vor Beginn geplanter Aktionen zum Umbau der Kathedrale sehr interessant.
"Allerdings sind die Argumente nach meinem Eindruck erschöpft dargelegt zwischen denen, die die Schwippertschen Neuerungen in der Kathedrale erhalten wollen, und denen, die die Kirche in ihrer traditionellen Gestaltung wiederherstellen wollen. Hier verstärken sich die jeweiligen Vertreter meiner Erkenntnis nach nur gegenseitig."
Die Eindrücke und Erkenntnisse des Erzbischofs gehen nicht auf die Argumente ein:
Es geht nicht um "Schwippertsche Neuerungen", sondern um den Bestand der Gestaltung, die drei Bischöfe festlegten.
Eine "traditionelle Gestaltung" existiert nicht. Es gab lediglich unterschiedliche vergangene Bauzustände, die nicht reanimiert werden können, da so ein Baudenkmal zerstört würde.
Ohne Fachkenntnis Spezialthemen zu behandeln, schwächt die Autorität von Würdenträgern.
"Ich hoffe, dass es uns aber allemal wichtiger sein wird, dass wir gemeinsam als Christen in dieser Kirche das Lob Gottes singen."
Doch durch eine mutwillige Zerstörung des Innenraums der intakten, traditionsreichen Kathedrale, um ohne Notwendigkeit, mit Risiko und enormen Kosten, nur formal dem Zeitgeist zu folgen, würde die Gemeinsamkeit aufgekündigt.
Das Erzbistum Berlin ist mitgliederarm und zählt zu den acht kleinsten Bistümern Deutschlands. Lediglich 41.000 aktive Katholiken (lt. Statistik der DBK) leben in einem großen Bistumsgebiet, das sich auf vier Bundesländer verteilt.
Deshalb ist das Reservoir an Fachleuten im Erzbistum Berlin sehr begrenzt. Doch der Gegenstand der Überlegungen, die St. Hedwigs-Kathedrale, ist bedeutend. Bei der Betrachtung der Zukunft der Bischofskirche geht es um ein wichtiges Baudenkmal, um große Werte und erhebliche Finanzmittel.