Angesichts der Absage des für den 17.03.2020 anberaumten Gerichtstermins hat zum weiteren Prozessverlauf vor dem Landgericht Berlin der
der Vorsitzende des Vereins der Freunde der Hedwigskathedrale e.V., Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, eine Presseerklärung abgegeben,
die zur Information und ggf. redaktionellen Verwendung Kulturinteressierten und Journalisten zur Verfügung gestellt wird.
Presseerklärung vom 16.03.2020
Zum Prozess vor dem Landgericht Berlin erklärt der Vorsitzende des Vereins Freunde der Hedwigskathedrale e.V. (V.i.S.d.P.),
Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Meyer:
Mit der Verschiebung der gerichtlichen Entscheidung bleibt nicht nur die Hoffnung für die Erben der Künstlerinnen und Künstler erhalten, die den Innenraum der im II. Weltkrieg zerstörten und im Jahre 1963 neu geweihten St. Hedwigs Kathedrale gestaltet haben. Sie lenkt auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf einen Kirchenbau, der in einzigartiger Weise mit der Vorgeschichte des II. Vatikanischen Konzils der Katholischen Kirche und nicht minder mit der deutschen Kulturgeschichte in der Zeit der Teilung unseres Landes und seiner Hauptstadt verbunden war.
Kardinal Döpfner, von 1957 bis 1961 Bischof von Berlin und beim Konzil einer der wichtigsten Befürworter der liturgischen Erneuerung, war es ein Anliegen, den Innenraum der wieder entstehenden Berliner Kathedrale so zu gestalten, dass dort der Gottesdienst mit dem Gesicht zur Gemeinde hin gefeiert wird. Diesen zentraler Gedanke der liturgischen Erneuerungsbewegung in Deutschland verwirklichte Hans Schwippert, beraten vom Liturgischen Institut in Trier, durch sein eindrucksvolles Baukonzept, indem er die Oberkirche mit der Unterkirche zu einer eindrucksvollen Raumgestalt verband. So konnte die nun leicht zugängliche Unterkirche durch die Gräber der Bischöfe und des Dompropstes Bernhard Lichtenberg als einem Zeugen gegen nationalsozialistisches Unrecht zu einer öffentlichen Stätte der Mahnung werden. Zugleich war die St. Hedwigs Kathedrale, an deren künstlerischer Ausgestaltung Künstler und Künstlerinnen aus Ost- und Westdeutschland beteiligt waren, das einzige gesamtdeutsche architektonische Denkmal aus der Zeit der deutschen Teilung.
Als ein solches Denk- und Mahnmal ist die St. Hedwigs Kathedrale heute zerstört. Denn Kardinal Woelki, der zeitweilige Bischof von Berlin, wollte vom mehrfachen Zeugniswert der katholischen Bistumskathedrale nichts wissen und brachte es sogar fertig, deren Innenraum als „vorkonziliar“ zu bezeichnen. Trotz Einspruch des Berliner Denkmalamtes und noch vor der Vorlage eines zu genehmigenden Bauplans wurde der einzigartige Innenraum demoliert, was sowohl der Senat als auch das zuständige Bezirksamt Mitte von Berlin hinnahmen. Heute erinnert dieser Raum an jene ignorante Arroganz, mit welcher im Osten Deutschlands der Vereinigungsprozess leider zu oft belastet worden ist.