Auf der Startseite der Onlinepräsenz der Katholischen Wochenzeitung für das Erzbistum Berlin und die Bistümer Dresden-Meißem, Erfurt, Görlitz und Magdeburg, "Tag des Herrn", erscheint an erster Stelle ein Interview, in dem ein niederösterreichischer Künstler erklärt, wie in der Kathedrale des Erzbistums Berlin die Liturgie verändert werden soll.
Im Zusammenhang mit den Umbaubestrebungen der Kathedrale, die der ehemalige Erzbischof Woelki initiiert hatte und die der aktuelle Erzbischof weiter treibt, war von Geistlichen nicht zu erfahren, welche Veränderungen sie für nötig halten. Die befragte Liturgiekommission des Erzbistums Berlin gab keine sachgerechte Antwort. Weder in den Vorgaben für den Realisierungswettbewerb 2013/14 noch in den Verlautbarungen der Leitung des Erzbistums seit dieser Zeit finden sich klare Aussagen dazu. Nun sagt ein Künstler, welcher Ritus katholisch ist.
Die Abbildung mit geringerer Ausarbeitung (ohne Orgeldarstellung) ist erstaunlicherweise aktueller.
Der Entwurf von 2014 ist der Werbebroschüre zum Wettbewerbsbeitrag des Siegerentwurfs entnommen. Die Abbildung des veränderten Entwurfs von 2017 findet sich in der Druckausgabe des "Tag des Herrn" (28.09.2017) sowie online bei der Zeitung und bei der offiziellen Internetpräsenz des Erzbistums Berlin.
In der Abbildung von 2017 ist eine Stolperstufe zum Altar zu erkennen. Um die Sichtbarkeit der Geistlichen ein wenig zu verbessern, soll der Altar wohl nun auf ein Podest gestellt werden. Das wirft natürlich das ursprünglich propagierte Konzept von der ebenerdig, auf gleicher Höhe sitzenden Gemeinschaft aller Gläubigen über den Haufen. Deshalb wird es möglichst unauffällig dargestellt. (Das Podest ist wohl reversibel auszubilden, um es bei anderen Nutzungen entfernen zu können.)
Die Geistlichen müssten nach diesem Plan auf dem Weg zwischen Sitzplatz und Altar immer auf eine einzelne Stufe achten, um nicht zu stolpern.
Schwipperts Lösung ist wesentlich besser.
Schon der Wettbewerbsentwurf von 2014 hatte weniger Sitzplätze als ist die heutige Ausstattung der Kathedrale bereitstellt. Nun soll von den ursprünglich geplanten sechs Stuhlreihen eine Reihe wegfallen. Um das plötzlich ins Spiel gebrachte Altarpodest ist ein Erschließungsweg anzuordnen, der für Gottesdienstbesucher, Ministranten und Priester erforderlich ist. So bleibt nur noch Platz für fünf Reihen in den Stuhlblöcken. Dargestellt sind 52 Stühle, die in einzelnen Reihen sehr eng stünden.
Für die wenigen Plätze mit ausreichender Sicht werden evtl. Reservierungsgebühren erhoben.
Es ist nur das Wort "Orgel" zu lesen, wo der Mitteleingang zur Kathedrale sein müsste. Nichts ist dargestellt, also auch nicht gelöst? Wo ist Platz für den Hedwigschor, der aus bis zu 80 Sängern besteht? Die Orgel ist wegretuschiert - wird die große Klais-Orgel entsorgt? Der fünfte Block, der den Stuhlkreis schließen sollte, muss bei jedem Gottesdienst mit Chormusik weggeräumt werden. Alle Stühle müssen für den Evakuierungsfall gegen Verrücken gesichert sein. Werden Handwerker für Ab- und Aufbau angestellt, die für Installation und Transport der 52 Stühle zuständig sind. Wo ist der Stuhllagerraum und wie ist er zu erreichen? Nach einer dreijährigen Planungszeit bestätigen sich die Schwächen des Konzepts.
Beim Holzmodell von 2014 war unter der Orgel ein am Ort des derzeitigen Mitteleingangs ein flacher Schlitz zu erkennen, der unterhalb eines massiven Chorpodests für maximal 18 Sänger den Zugang zum Untergeschoss bilden sollte. Selbst für Einwohner aus Liliput wäre unterhalb der Orgel und unter einem viel zu kleinen Chorpodest keine Kopfhöhe vorhanden, um zu der Kapelle des Seligen Bernhard Lichtenberg zu gelangen.
In der aktuellen Veröffentlichung schweigt der Planer zu den bereits 2014 von Preisgericht gerügten Fehlern. Der spannende Bereich wird ohne Darstellungen gelassen, das Wort "Orgel" verdeckt die graue Fläche ohne jede Information.
Aufgestellt durch das Erzbistum Berlin
Ausschreibung Teil B; Abschnitt C. ( Seite 85) Problempunkte aufgrund der erneuerten Liturgie:
"Die erneuerte Liturgie erfordert aus gottesdienstlichen Belangen einen Kircheninnenraum, demgegenüber die St. Hedwigs-Kathedrale im Wesentlichen durch folgende Defizite gekennzeichnet ist:
Der Altar muss freistehend und umschreitbar sein. Er ist bei der (feierlichen) Messe und bei der Vesper von allen Seiten durch Beweihräucherung zu ehren. Dies ist in St. Hedwig aufgrund der Aufstellung über der Öffnung nicht möglich."
Vertiefende Erläuterungen in externer Website: Link: Auslobung verursachte viele Probleme
Grundordnung des Römischen Messbuchs
Weltweit gültige Vorschriften für aktuelle Liturgie in der römisch-katholische Kirche von heute:
„Die Inzens 277. […] Der Altar wird auf folgende Weise mit einfachen Zügen inzensiert:
a) Ist der Altar von der Wand getrennt, umschreitet ihn der Priester und inzensiert ihn;
b) ist er nicht von der Wand getrennt, geht der Priester vor ihm entlang und inzensiert dabei zuerst die rechte, dann die linke Seite.“
„299. Der Altar ist von der Wand getrennt zu errichten, so dass man ihn leicht umschreiten und die Feier an ihm dem Volk zugewandt vollzogen werden kann. Das empfiehlt sich überall, wo es möglich ist.“
Die Ausschreibung benennt in ungerechtfertigter Weise "Defizite" der Innengestaltung der St. Hedwigs-Kathedrale, wodurch die Planer sich veranlasst sahen, nur einen Umbau in Betracht zu ziehen.
Doch in der verbindlichen Grundordnung des Römischen Messbuchs ist deutlich von einer Empfehlung die Rede, „wo es möglich ist“. Eine zwingende Notwendigkeit für einen Umbau aus liturgischen Gründen ist nicht abzuleiten. Stattdessen ist festzustellen, dass der jetzige Zustand der Kathedrale von Anfang an den heute gültigen liturgischen Richtlinien entspricht.
Aufgestellt durch das Erzbistum Berlin
Ausschreibung Teil B; Abschnitt D. ( Seite 87) Lösungsstrategien:
"Die paradoxe Eigenart des Altars besteht darin, Mitte und Schwelle zugleich darzustellen, er bildet die „exzentrische Mitte" (Reinhard Meßner) des Kirchenraums. Wohin platziert man ihn in einem so entschiedenen Zentralraum wie St. Hedwig?"
"In keinem Fall sollte der Altar in Mitte gestellt werden, was, wie bereits angedeutet, der Tradition des Kirchenbaus wie auch der heutigen Praxis zuwiderliefe. Sobald der Priester an den Altar tritt, ist eine Raumrichtung gegeben."
Vertiefende Erläuterungen in externer Website: Link 1: Widersprüche zur Richtlinie RPW 2013;
Wettbewerbsrichtlinie wurde missachtet
Von 169 eingereichten Beitragen befolgten über 166 Arbeiten die Vorgaben des Auslobers. Nichtbefolgung verlangt nach der zugrunde gelegten Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013), die Vertragsbestandteil ist, den Ausschluss der eingeeichten Arbeit aus der weiteren Bewertung. Dies geschah aber nicht bei dem späteren Siegerentwurf, der gegen die Vorgaben verstieß. Es ist höchst verwunderlich, dass dies gerade eine Arbeit betrifft, bei der die Autorschaft durch Hinweise auf Arbeitsbelege für den Weltjugendtag in Köln 2005 klar erkennbar war. Den Sachpreisrichtern war bei dem anonymen Verfahren der Autor Zogmayer sicher wohl bekannt. Ein weiterer Verstoß gegen die Vertragsgrundlage, die Richtlinie RPW 2013.
Angefangen von der Auswahl voreingenommener, umbauwilliger Sachpreisrichter (z. B. Prof. Schock-Werner aus Köln, die im Vorfeld in der Presse den Wiederaufbau der Kathedrale durch Prof. Schwippert als "komplett verhunzt" bezeichnet hatte), über die tendenziösen und unhaltbaren Bewertungen des Bestands durch den Auslober, den offensichtlichen Verstoß gegen die Anonymität der Teilnehmer, bis zum einseitigen, umbauorientierten Auswahlverfahren, dass viele Einreicher massiv benachteiligte, scheint hier allerhand sehr kölsch zu klüngeln.
Ein Irreführung zur Rechtfertigung der offensichtlichen Fehler des Umbauplans
Erzbistum Berlin im Dezember 2014
Die Falschaussagen im Detail:
Wenn die Weiträumigkeit durch Verschluss der Unterkirche verloren ginge und Stühle aufgestellt werden sollen, verringert sich die Zahl der Plätze bei Messen mit Chormusik auf gerade noch 316.
Allenfalls hinter Stuhlreihen könnten Kniebänke platziert werden. Also sind für einDrittel aller Plätze keine Kniebänke möglich.
Nun soll doch eine einzelne Stufe (Stolperstufe) um den Altarbereich angeordnet werden. Das verbessert die Sichtverhältnisse kaum, widerspricht aber der ständig proklamierten, zentralen Entwurfsprämisse, alles einzuebnen.
Für die große Klais-Orgel ist bei dem Siegerentwurf kein Platz. Nach 3 1/2 Jahren wurde keine Möglichkeit präsentiert, bei einem Umbau das wunderbare Instrument zu erhalten.
Die Abschrift der am 24.12.2014 vom Erzbistum Berlin in der Kathedrale aufgestellten Umbauwerbetafel.